Gesamt- und Restnutzungsdauer, Alterswertminderung

Das deutsche, normierte Sach- und Ertragswertverfahren berücksichtigt für jedes Gebäude eine Gesamtnutzungsdauer sowie eine wirtschaftliche Restnutzungsdauer. Diese Begriffe werden in § 4 ImmoWertV definiert. Sowohl ImmoWertV (Marktwert), BewG (gemeiner Wert) und BelWertV (Beleihungswert) geben Erfahrungswerte für unterschiedliche Gebäudearten an.

Die Gesamtnutzungsdauer beschreibt die wirtschaftliche Gesamtlebensdauer eines Gebäudes. Sie unterstellt eine „ordnungsgemäße Bewirtschaftung“ der Immobilie. Unter ihr wird die Zeit verstanden, in der ein neu errichtetes Gebäude entsprechend seiner Zweckbestimmung allgemein wirtschaftlich nutzbar sein wird. Sie variiert je nach Gebäudeart, wobei Wohngebäuden meist eine längere Gesamtnutzungsdauer als Gewerbebauten zugestanden wird. Sie richtet sich zwar nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten, ist jedoch eine Modellgröße innerhalb der vorgenannten Wertermittlungsverfahren. Die Literatur macht Angaben zu plausiblen Gesamtnutzungsdauern. Sofern der zuständige Gutachterausschuss Angaben zu verwendeten Gesamtnutzungsdauern bei der Ableitung von Liegenschaftszinssätzen und Sachwertfaktoren macht, so sind diese im Hinblick auf die Modellkonformität entsprechend zu berücksichtigen, auch wenn sie von üblichen Angaben der Literatur abweichen.

In der Bewertungstheorie wird angenommen, dass jede Immobilie früher oder später ihre wirtschaftliche Lebesdauer erreicht hat, da z.B. die Grundrisse, Baumaterialien und die Ausstattung nicht mehr länger den Anforderungen der Marktteilnehmer entsprechen. Man spricht von „wirtschaftlicher Überalterung“. Die wirtschaftliche Restnutzungsdauer ist somit die voraussichtliche verbleibende Restnutzungsdauer eines Gebäudes zum Wertermittlungsstichtag. Sofern erforderliche Instandhaltungsmaßnahmen unterbleiben, führt dies zu einer Verkürzung der Restnutzungsdauer. Maßnahmen, welche über den reinen Substanzerhalt hinaus gehen und zu einer Verbesserung des Bausubstanz führen (z.B. Erneuerung des Dachs oder der Heizung), wirken sich positiv auf die verbleibende Restnutzungsdauer aus.

Die sich aus dem Verhältnis von Gesamt- und Restnutzungsdauer ergebende Alterswertminderung ist eine Rechengröße des Sachwertverfahrens. Für die Wertminderung ist dabei ein linearer Werteverzehr zugrunde zu legen. Mit der Wertminderung nach Ross existiert eine dynamische Methode der Alterswertminderung. Diese geht davon aus, dass die Alterswertminderung neuer Gebäude zunächst sehr gering ist, mit fortschreitendem Gebäudealter allerdings überproportional ansteigt. In der Wertermittlung stellen heute jedoch alle wesentlichen gesetzlichen Vorschriften auf die lineare Alterswertminderung ab.