Beleihungswertgutachten
Wo ist der Beleihungswert gesetzlich geregelt?
Der Beleihungswert wird in § 16 Abs. 2 des Pfandbriefgesetzes (PfandBG) wie folgt definiert:
„Der Beleihungswert darf den Wert nicht überschreiten, der sich im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung der zukünftigen Verkäuflichkeit einer Immobilie und unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objektes, der normalen regionalen Marktgegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen ergibt. Spekulative Elemente dürfen dabei nicht berücksichtigt werden.
Der Beleihungswert darf einen auf transparente Weise und nach einem anerkannten Bewertungsverfahren ermittelten Marktwert nicht übersteigen. Der Marktwert ist der geschätzte Betrag, für welchen ein Beleihungsobjekt am Bewertungsstichtag zwischen einem verkaufsbereiten Verkäufer und einem kaufbereiten Erwerber, nach angemessenem Vermarktungszeitraum, in einer Transaktion im gewöhnlichen Geschäftsverkehr verkauft werden könnte, wobei jede Partei mit Sachkenntnis, Umsicht und ohne Zwang handelt.“
Aus dieser Definition ergibt sich das zwingende Erfordernis, nicht nur den Beleihungswert allein zu ermitteln. Daneben ist stets auch der Marktwert zu ermitteln, da nur auf diese Weise sichergestellt werden kann, dass der Beleihungswert den Marktwert nicht überschreitet.
Die Definition des Beleihungswerts des Pfandbriefgesetzes hat weitgehend inhaltsgleich auch Eingang in die Novelle der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) gefunden, in der § 3 BelWertV wie folgt definiert:
Absatz 1 des § 3 BelWertV
Der Wert, der der Beleihung zugrunde gelegt wird (Beleihungswert), ist der Wert der Immobilie, der erfahrungsgemäß unabhängig von vorübergehenden, etwa konjunkturell bedingten Wertschwankungen am maßgeblichen Grundstücksmarkt und unter Ausschaltung von spekulativen Elementen während der gesamten Dauer der Beleihung bei einer Veräußerung voraussichtlich erzielt werden kann.
Absatz 2 des § 3 BelWertV
Zur Ermittlung des Beleihungswerts ist die zukünftige Verkäuflichkeit der Immobilie unter Berücksichtigung der langfristigen, nachhaltigen Merkmale des Objekts, der normalen regionalen Marktgegebenheiten sowie der derzeitigen und möglichen anderweitigen Nutzungen im Rahmen einer vorsichtigen Bewertung zugrunde zu legen. Die Feststellung nachhaltiger Merkmale des Objekts und deren Einflussgrößen auf die Bewertung bedarf dabei einer langfristigen Betrachtung der Marktgegebenheiten. Der betrachtete Zeitraum ist zu benennen und seine Angemessenheit nachvollziehbar darzulegen.“
Wie unterscheiden sich Beleihungswert und Verkehrswert?
Grundlegend für das Konzept des Verkehrswerts bzw. Marktwerts ist das Stichtagsprinzip. Der Verkehrswert bezieht sich somit auf einen bestimmten Zeitpunkt („Wertermittlungsstichtag“) und soll die zu diesem Stichtag vorherrschenden Marktverhältnisse abbilden. Insbesondere in sehr volatilen Märkten mit hohem Nachfrageüberhang kann sich das Preisgefüge innerhalb kurzer Zeiträume ändern, was dazu führt, dass zu einem früheren Zeitpunkt ermittelte Marktwerte bereits kurze Zeit später nicht mehr die aktuelle Marktlage widerspiegeln.
Der Beleihungswert hingegen bezieht sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt, sondern vielmehr auf einen Zeitraum. Er soll als sicherheitsorientierter Wert den Marktwert unabhängig vom jeweiligen Marktzyklus während der gesamten Dauer der Beleihung nicht übersteigen:
Somit sind der Marktwert und der Beleihungswert nicht unabhängig voneinander zu betrachten. Vielmehr ist der Marktwert der zentrale Referenzpunkt des Beleihungswerts, so dass dieser seinen Sinn als Sicherheitenwert erfüllen kann.
Mit welchen Verfahren wird der Beleihungswert ermittelt?
Generell stehen für die Ermittlung des Beleihungswerts die gleichen Verfahren zur Verfügung wie für die Ermittlung des Marktwerts: das Sachwertverfahren, das Ertragswertverfahren und das Vergleichswertverfahren.
Die Beleihungswertermittlungsverordnung gibt jedoch in § 4 Abs. 1 BelWertV das „Zwei-Säulen-Prinzip“ vor. Das heißt, dass die Ermittlung des Markt- und des Beleihungswerts durch Anwendung von zwei Verfahren vorzunehmen ist. § 4 BelWertV definiert jedoch auch Ausnahmen zu dieser Regelung für klar zur Eigennutzung geeignete Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Wohnungseigentum. In Abhängigkeit der Objektart gibt die BelWertV vor, welche Verfahren anzuwenden sind, eine Wahlmöglichkeit des Gutachters besteht nur in sehr wenigen Fällen.
Für welche Anlässe brauche ich ein Markt- und Beleihungswertgutachten?
Der Beleihungswert ist ein sicherheitsorientierter Wert, welcher der finanzierenden Bank als Instrument für die Festlegung der Kreditkonditionen und des objektspezifischen Risikos dient. Markt- und Beleihungswertgutachten werden somit ausschließlich im Hinblick auf Finanzierungen bzw. Refinanzierungen benötigt.
Wer kann bzw. wer sollte ein Markt- und Beleihungswertgutachten beauftragen?
Generell kann jeder die Erstellung eines Markt- und Beleihungswertgutachtens in Auftrag geben. Jedoch muss hinterfragt werden, inwieweit eine Beauftragung z.B. durch eine Privatperson sinnvoll ist, denn die gesetzliche Grundlage der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) führt wie folgt aus:
„Das Gutachten muss durch einen oder mehrere Gutachter erstellt werden, die von der Pfandbriefbank allgemein oder von Fall zu Fall bestimmt werden.“ (§ 5 Abs. 2 Satz 1 BelWertV)
„Gutachten, die vom Darlehensnehmer vorgelegt oder in Auftrag gegeben worden sind, dürfen nicht zugrunde gelegt werden.“ (§ 5 Abs. 2 Satz 3 BelWertV)
Somit muss eine Bank ein Markt- und Beleihungswertgutachten selbst in Auftrag geben, wenn sie es einer Finanzierung zugrunde legen möchte. Gegebenenfalls kann jedoch auch die Vorlage eines Markt- und Beleihungswertgutachtens bei einer Bank sinnvoll sein – gerne berate ich Sie in einem kostenfreien Erstgespräch zu diesem Thema.
Wer darf ein Markt- und Beleihungswertgutachten erstellen?
„Der Gutachter muss nach seiner Ausbildung und beruflichen Tätigkeit über besondere Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewertung von Immobilien verfügen; eine entsprechende Qualifikation wird bei Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Immobilien bestellt oder zertifiziert worden sind, vermutet. Bei der Auswahl des Gutachters hat sich die Pfandbriefbank davon zu überzeugen, dass der Gutachter neben langjähriger Berufserfahrung in der Wertermittlung von Immobilien speziell über die zur Erstellung von Beleihungswertgutachten notwendigen Kenntnisse, insbesondere bezüglich des jeweiligen Immobilienmarkts und der Objektart, verfügt.“ (§ 6 BelWertV)
„Der Gutachter muss sowohl vom Kreditakquisitions- und Kreditentscheidungsprozess als auch von Objektvermittlung, -verkauf und -vermietung unabhängig sein. Er darf nicht in einem verwandtschaftlichen, einem sonstigen rechtlichen oder einem wirtschaftlichen Verhältnis zum Darlehensnehmer stehen und darf kein eigenes Interesse am Ergebnis des Gutachtens haben. Der Gutachter darf auch nicht den Beleihungswert festsetzen oder den Kredit bearbeiten.“ (§ 7 Abs. 1 BelWertV)
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